Mit der Vorlage des Schadengutachtens ist die Bezifferung des eingetretenen Schadens für den Sachverständigen in bestimmten Fällen
keineswegs vollbracht. Es bleiben in den Fällen, wo aufgrund einer in Eigenregie durchgeführten (evtl. auch teilweisen oder nicht fachgerechten) Reparatur keine Rechnung einer Fachwerkstatt vorgelegt werden kann, die folgenden Fragen offen.
1. Welche Ausfalldauer ist angemessen?
Hier ist zu beachten, dass dem Geschädigten Nutzungsausfallentschädigung oder Mietwagenkosten für den Zeitraum zuzuerkennen sind, in dem das Fahrzeug tatsächlich ausgefallen ist. Diese Ausfalldauer entspricht bei veränderten Reparaturwegen oder sogenannter „Zeitwertreparatur“ keineswegs der im Schadengutachten festgelegten Ausfalldauer. Denn diese orientiert sich an dem Zeitaufwand für eine fachgerechte und vollständige Reparatur unter Berücksichtigung der Arbeitsabläufe im Fachbetrieb.
Es kann nicht sein, dass ein Geschädigter eine Zeitwertreparatur ausführt (Ausfalldauer 3 Tage) und hiernach für die 10 Tage Nutzungsausfall oder Mietwagenkosten beanspruchen kann, die eine fachgerechte und vollständige Beseitigung des Schadens in einer Fachwerkstatt gedauert hätte und die deshalb auch im Schadengutachten als Ausfallzeit angegeben sind. Es ist also so, dass in diesen Fällen durch den Sachverständigen eine dem tatsächlich durchgeführten Reparaturablauf angemessene Ausfallzeit festzulegen ist. Dieses mit (insbesondere bei Inanspruchnahme eines Mietfahrzeuges) weitreichender Bedeutung für den Regulierungsaufwand des Schädigers.
Wenn nun vorgetragen wird, ein laienhaft gefertigtes Lichtbild des reparierten Fahrzeuges (vielleicht mit einer aktuellen Tageszeitung zum Nachweis des Datums) würde ausreichen und die Reparaturbestätigung sei unnötig, dann stellt sich die Frage, wer die Ausfalldauer festlegen soll. Der Sachbearbeiter der regulierungspflichtigen Versicherung oder der Rechtsanwalt des Geschädigten? Oder soll dann standardmäßig und für jede Reparatur die im Schadengutachten festgelegte Ausfalldauer für die fachgerechte Reparatur Grundlage der Regulierung sein. Andere Möglichkeiten sind wohl nicht erkennbar.
2. Welche Art des Schadenersatzes (Abrechnung auf Reparaturkostenbasis oder als Totalschaden) ist richtig ?
2.1 Kann die durchgeführte Reparatur als ausreichend zum Nachweis des Integritätsinteresses angesehen werden?
Wenn das Verhältnis Wiederbeschaffungswert / Reparaturkosten zwischen 70% und 130% beträgt, kann bekanntlich der Schädiger ohne Vorliegen eines Reparaturnachweises die für Ihn wirtschaftlich günstigere Variante auswählen. Im Regelfall ist dieses die Abrechnung auf Totalschadenbasis. Wenn allerdings der Geschädigte sein Fahrzeug repariert und weiterbenutzt, wird seitens der Rechtsprechung das Integritätsinteresse als nachgewiesen angesehen und eine Abrechnung auf Reparaturkostenbasis zuerkannt.
Es ist aber auch so, dass nicht jede Art Reparatur das Vorhandensein des besagten Integritätsinteresses nahe legt oder gar zum Nachweis desselben dienen kann. Der Sachverständige ist also hier gefordert, die ausgeführte Reparatur technisch zu würdigen (vgl. OLG Düsseldorf vom 25.04.2001 (1 U 9/00)) und es so den anderen Beteiligten am Regulierungsvorgang zu ermöglichen, das Vorhandensein des Integritätsinteresses zu beurteilen. Mit ebenfalls weitreichenden Konsequenzen für den Regulierungsaufwand des Schädigers.
3. Welcher Aufwand ist angemessen, um die oben genannten Fragen zu klären?
Der Aufwand für eine detaillierte und dokumentierte technische Würdigung des Reparaturergebnisses, wie sie fallweise für die Bezifferung des eingetretenen Schadens von erheblicher Bedeutung ist, ist insbesondere bei schwereren Schäden ganz erheblich. Der Schadenbereich ist freizulegen, der Reparaturweg nachzuvollziehen, ggf. ist die Karosserie und/oder sind die Achsen zu vermessen, und dergleichen mehr.
Es kann nicht angemessen sein, einen solchen Aufwand von Vornherein und stets zu betreiben. Eben so wenig kann es richtig sein, die oben beschriebenen Fragestellungen schlichtweg offen zu lassen. Angemessen ist daher eine nur geringen Zeitaufwand verursachende kurze zerstörungsfreie Sicht und Funktionsprüfung. Das Ergebnis ist mit einigen Lichtbildern zu dokumentieren, um den an der Regulierung Beteiligten die Feststellungen des Sachverständigen hinsichtlich des Reparaturergebnisses nachvollziehbar zu machen. Ein solcher Vorgang sollte im Regulierungsalltag insgesamt nicht mehr als ca. 25 Minuten in Anspruch nehmen.
4. Sind die entstehenden Kosten den Gemeinkosten oder der Gutachtengrundgebühr zuzuschlagen?
Gemeinkosten sind betriebswirtschaftlich alle die Aufwendungen eines Unternehmens, welche nicht einem einzelnen Geschäftsvorgang konkret zuzuordnen sind. Diese Kosten entstehen auch, wenn gerade gar kein Geschäftsvorgang abgewickelt wird. Demgegenüber unterscheidet die Betriebswirtschaft die sog. „direkten Kosten“, welche nur im konkreten Zusammenhang mit der Ausführung eines Geschäftsvorganges stehen. Die betrieblichen Kosten, die durch das Erstellen einer Reparaturbestätigung entstehen, sind das ganz gerade Gegenteil von Gemeinkosten. Denn der Aufwand ergibt sich ganz überwiegend aus der erforderlichen Arbeitszeit, welche das klassische Beispiel für direkte Kosten ist.
In einer Grundgebühr sind jeweils die Kostenpositionen zu erfassen, welche standardmäßig für die Abwicklung eines Geschäftsvorfalles (hier :Gutachtenerstellung) anfallen. Hierin sind auch die Streuungen des betrieblichen Alltages zu berücksichtigen, deren Erfassung und Zuordnung zum Einzelfall einen unangemessenen Aufwand bedeuten würde. Als Beispiele sei die Dauer einer innerstädtischen Anfahrt, die Dauer eines Kundengespräches oder eine verlängerte Besichtigungsdauer aufgrund schlechter Wetterlage (z.B. starker Regen) und dergleichen mehr genannt. Solcherlei sollte weder Gegenstand betrieblicher Aufwandserfassung und noch viel weniger von Streitigkeiten über die Höhe des Entgeltes sein. Also Grundgebühr.
Im Gegensatz dazu sind betriebliche Kosten, die nicht immer oder nicht in der selben Höhe anfallen, wie z.B. Fahrtkosten oder Lichtbilder, und welche gleichzeitig ohne übermäßigen Aufwand dem Vorgang zuzuordnen sowie für den Auftraggeber leicht nachvollziehbar sind, einzelfallabhängig abzurechnen. Die Reparaturbestätigung stellt einen Aufwand dar, der eben nur in bestimmten Fällen und nicht einmal in der überwiegenden Zahl der Vorgänge erforderlich ist. Gleichzeitig ist die Zuordnung zum Vorgang ohne jeden Mehraufwand gegeben. Es gibt daher keinen Grund, diese Kosten auf die Gesamtheit der Vorgänge umzulegen und somit der Grundgebühr zuzuschlagen.
5. Die Erstattungsfähigkeit der Reparaturbestätigung
Der Schädiger oder sein Vertreter braucht sich über die Kosten der Reparaturbestätigung nicht zu beklagen. Diese schützt denselben vor überzogenen Nebenforderungen hinsichtlich Nutzungsausfallgeld und Mietwagenkosten. Oder sie legt dar, dass der entsprechende Schadenersatz angemessen ist.
Den Interessen des Schädigers ist auch dadurch Rechnung getragen, dass die standardmäßige Besichtigung kurz und wenig aufwändig gehalten wird. Im Falle einer Fahrzeugentwendung oder einer erneuten schweren Beschädigung ist der Geschädigte hierdurch in einer äußerst schwierigen Situation, da eine wie beschrieben erfolgte Reparaturbestätigung durchaus nicht immer ausreicht, die Fahrzeugwertermittlung mit der erforderlichen Genauigkeit zu ermöglichen. Dieses kann zum vollständigen Verlust der Ersatzansprüche (Bezifferung unklar) führen.
Für den Geschädigten gibt es kaum einen anderen Weg. Folgt er dem Vorschlag einzelner Versicherungen, ein oder zwei laienhaft gefertigte Lichtbilder einzureichen, stellt er deren Auswertung (und womöglich Verwahrung) allein dem Schädiger anheim. Daneben ist ein solches Verfahren auch nicht ansatzweise eine Beweissicherung. Darauf jedoch ist der Geschädigte nicht nur zur Geltendmachung seiner aktuellen Ansprüche, sondern auch im Hinblick auf eine eventuelle erneute Beschädigung oder z.B. Entwendung seines Fahrzeuges durchaus angewiesen.